Was ist das Nießbrauchrecht?

Fremdes Eigentum nutzen und Gewinne erzielen

Marilena Meyer
Mit dem Nießbrauchrecht in der vererbten Immobilie wohnen bleiben

Die wichtigsten Fakten

  • Das Nießbrauchrecht beinhaltet das Recht fremdes Eigentum zu nutzen und den wirtschaftlichen Gewinn daraus zu ziehen

  • Das Nießbrauchrecht kann lebenslang oder zeitlich begrenzt vereinbart werden.

  • Das Nießbrauchrecht kann nicht vererbt oder verkauft werden

Die Immobilie zu Lebzeiten vererben ohne den wirtschaftlichen Nutzen zu verlieren

Bei Schenkungen und Erbschaften zu Lebzeiten findet das Nießbrauchrecht häufig Anwendung.

So wird dem vorherigen Eigentümer zugesichert, weiterhin einen wirtschaftlichen Nutzen aus der Immobilie zu ziehen.

Aber welche Rechte und Pflichten bringt das Nießbrauchrecht mit sich? Welche Auswirkungen hat es auf den Wert der Immobilie und ist es auch für Sie sinnvoll?

Was versteht man unter Nießbrauch?

Laut dem § 1030 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) beschreibt der Nießbrauch das Recht, fremdes Eigentum zu nutzen.

Doch der Berechtigte darf das Eigentum nicht nur nutzen, sondern auch wirtschaftliche Gewinne erzielen.

Dazu gehören bei Immobilien beispielsweise Mieteinnahmen.

Für diese Güter kann ein Nießbrauchrecht vereinbart werden:
  • Immobilien und Grundstücke

  • Fahrzeuge

  • Vermögen

  • Rechte oder Anteile

Hinweis Verwechslungsgefahr

Das Nießbrauchrecht sollte nicht mit dem Wohnrecht verwechselt werden.

Was ist der Unterschied zwischen Nießbrauch und Wohnrecht?

Mit einem eingetragenen Wohnrecht können Sie eine Immobilie kostenfrei bewohnen – auch wenn Sie nicht der Eigentümer sind.

Besitzen Sie hingegen ein Nießbrauchrecht, dürfen Sie die Immobilie nicht nur selbst nutzen, sondern auch vermieten oder verpachten. Die Einnahmen dürfen Sie für sich beanspruchen.

Wenden wir uns nun den verschiedenen Arten des Nießbrauchs zu.

Welche Arten von Nießbrauch gibt es?

Die am weitesten verbreitete Art des Nießbrauchrechts ist das Bewohnen einer Immobilie sowie der Erhalt der Mietzahlungen.

Doch es gibt auch weitere Möglichkeiten, das Nießbrauchrecht bei Immobilien zu gestalten.

Die häufigsten Nießbrauch-Modelle sind:
  • Zuwendungsnießbrauch:
    Wenn ein Eigentümer zwar seine Immobilie behält, aber einem Dritten das Nutzungsrecht überträgt, spricht man von einem Zuwendungsnießbrauch. Hierbei spielt es keine Rolle, ob die Nutzung entgeltlich, teilentgeltlich oder unentgeltlich erfolgt.

  • Vorbehaltsnießbrauch:
    Beim Vorbehaltsnießbrauch überträgt der Eigentümer beim Verkauf das Nießbrauchrecht auf sich selbst. So wechselt zwar der Eigentümer, das Nutzungsrecht bleibt jedoch beim Verkäufer.

  • Nachrangiger Nießbrauch:
    Beim nachrangigen oder auch Vermächtnisnießbrauch wird dem Eigentümer das Nießbrauchrecht eingeräumt. Dieser bestimmt an wen das Recht im Falle seines Todes übertragen werden soll.

Das Nießbrauchrecht wird in das Grundbuch eingetragen und hat je nach Modell Auswirkungen auf die Erbschaft oder den Verkauf einer Immobilie.

Wann ist Nießbrauch sinnvoll?

Möchten Sie als Eigentümer Ihre Immobilie noch zu Lebzeiten an einen Erben übertragen?

Dann könnte sich das Nießbrauchrecht für Sie lohnen.

“Denn obwohl Sie Ihr Eigentum übertragen, sind Sie als Besitzer weiter abgesichert.”

Schließlich genießen Sie noch ein lebenslanges Recht, in der Immobilie zu wohnen oder Mieteinnahmen zu erhalten.

Welche Vor- und Nachteile hat das Nießbrauchrecht?

Vorteile:
  • Die Immobilie nach dem Verkauf weiter nutzen:
    Durch den Verkauf einer Immobilie wechselt zwar der Besitzer, jedoch behält der Verkäufer durch den Nießbrauch das Recht, die Immobilie weiter zu bewohnen und Einnahmen aus der Vermietung oder Verpachtung zu ziehen.

  • Steuern sparen:
    Im Falle einer Schenkung an die Kinder können durch den Nießbrauch Steuern gespart werden. Die Eintragung des Nießbrauchsrechts mindert den Wert einer Immobilie. Fällt der Immobilienwert unter den Steuerfreibetrag, kann das Objekt steuerfrei an die Kinder verschenkt werden.

Nachteile
  • Erschwerter Immobilienverkauf:
    Das Nießbrauchrecht bleibt auch bei einem Verkauf der Immobilie weiter bestehen. Das erschwert die Suche nach einem Käufer erheblich.

  • Wertminderung der Immobilie:
    Ein eingetragenes Nießbrauchsrecht verringert den Wert einer Immobilie.

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Doch mit dem Nießbrauch geht auch einiges an Verantwortung einher.

Welche Rechte und Pflichten ergeben sich durch den Nießbrauch?

Ein Nießbrauch bringt verschiedene Rechte und Pflichten mit sich. Eigentümer und Nießnutzer können diese individuell gestalten.

Wenn nicht anders vereinbart, gelten jedoch die folgenden Rechte und Pflichten.

Rechte:
  • Nutzung des Objektes

  • Gewinnerzielung aus Miete oder Pacht

  • Schadensersatz bei Verletzung des Nießbrauchsrechts

Pflichten:
  • Versichern des genutzten Objekts

  • Ausbesserungsarbeiten und Renovierung des Objekts

  • Tragen von öffentlichen Lasten wie die Grundsteuer

  • Tragen der Verbrauchskosten wie Müll, Strom, etc.

  • Beschädigungen an dem Objekt dem Eigentümer mitteilen

Welche Rechte und Pflichten hat der Eigentümer?

Der Immobilieneigentümer behält das Verfügungsrecht.

Das heißt, er ist der Einzige, der die Immobilie verkaufen darf.

“Allerdings bleibt das Nießbrauchrecht auch bei einem Verkauf bestehen. ”

In Absprache mit dem Nießnutzer kann der Eigentümer das Nießbrauchsrecht jedoch limitieren.

Rechte:
  • Verfügungsrecht

  • Nießbrauchsrecht limitieren (in Absprache mit dem Nießnutzer)

Pflichten:
  • Tragen von außergewöhnlichen Unterhaltskosten wie eine Modernisierung

  • Aufkommen für Anlieger- oder Erschließungsbeiträge wie der Anschluss an das öffentliche Versorgungsnetz

Wie berechne ich den Nießbrauchswert?

Wenn Ihre Immobilie verkauft oder verschenkt werden soll, ist es wichtig, den Nießbrauchswert zu kennen.

Dieser dient nämlich als Grundlage für die Berechnung der Schenkungssteuer und auch zur Einschätzung eines angemessenen Verkaufspreises.

Auch für die Auflösung des Nießbrauchsrechts und die dazugehörige Auszahlung des Nießbrauchers benötigen Sie den Wert des Nießbrauchs.

Und wie genau berechne ich den Nießbrauchswert?

Für die Berechnung des Nießbrauchswerts spielen unterschiedliche Faktoren eine Rolle.

Dazu gehören:
  • Mögliche Mieteinnahmen der Immobilie

  • Alter und Geschlecht der Nießbrauchsberechtigten

  • Dauer des Nießbrauchs

Anleitung: Nießbrauchswert berechnen

Die Berechnung des Nießbrauchswerts erfolgt in drei Schritten:

01.
Ermitteln des Jahreswertes

Im ersten Schritt wird ermittelt, wie hoch der Jahreswert der Nutzung ist. Hierzu werden die Mieteinnahmen, bzw. die Mietersparnis auf das Jahr gerechnet.
Die Formel lautet:

monatliche Miete * 12 = Jahreswert

Wichtig: Gemäß § 16 Bewertungsgesetz darf der Jahreswert nicht höher als der Verkehrswert der Immobilie sein, dividiert durch 18,6.

02.
Ermitteln der Vervielfältiger

Im zweiten Schritt wird ermittelt, ob ein lebenslanges oder ein befristetes Nießbrauchrecht gewährt wird. Hierzu wird die statistische Restlebensdauer berechnet. Grundlage dieser Berechnung sind Vervielfältiger.

03.
Ermitteln des Nießbrauchswerts

Im letzten Schritt kann der Kapitalwert des Nießbrauchs ermittelt werden. Hierzu wird der ermittelte Jahreswert mit dem ermittelten Vervielfältiger multipliziert.

Die Formel lautet:

Jahreswert * Vervielfältiger = Kapitalwert des Nießbrauchs

Hierzu ein Beispiel:

Beispielrechnung: Berechnung eines lebenslangen Nießbrauchrechts

Einem 67-jähriger Mann soll der Nießbrauch an einer Immobilie eingeräumt werden. Die monatliche Miete würde für vergleichbare Objekte 750 Euro betragen. Dabei übersteigt die Jahresmiete den Verkehrswert (dividiert durch 18,6%) nicht.

  1. Jahreswert:

    750 Euro * 12 = 9.000 Euro

    Bei einer monatlichen Miete beträgt der Jahreswert 9.000 Euro

  2. Vervielfältiger:
    Bei dem 67-jährigen Mann beträgt der Vervielfältiger laut Tabelle 10,955.

  3. Nießbrauchwert:

    9.000 Euro * 10,955 = 98.595 Euro

    Bei dem 67-jährigen Mann mit dem Jahreswert der Immobilie von 9.000 Euro ergibt sich ein Nießbrauchswert von 98.595 Euro.

Alles hat ein Ende – auch das Nießbrauchrecht. Wenn Sie wollen.

Wann endet ein Nießbrauch?

Wann genau das Nießbrauchrecht endet, bestimmen Sie.

“Das Recht kann für einen bestimmten Zeitraum oder lebenslang vereinbart werden.”

Wurde das Nießbrauchrecht zwischen Ihnen und dem Nießbraucher ohne zeitliche Begrenzung festgelegt, muss hierfür kein Vertrag angefertigt werden.

Lediglich bei zeitlich begrenzten Nießbrauchrechten muss das Nießbrauchsrecht vertraglich festgehalten werden.

Es gibt drei Möglichkeiten, einen Nießbrauch zu löschen, aufzuheben oder zu beenden.
  1. Die Laufzeit des Nießbrauchs kann vertraglich festgehalten werden. Am Ende der Laufzeit erlischt das Nießbrauchsrecht automatisch.

  2. Das Nießbrauchrecht kann mit Einverständnis des Nießnutzers gelöscht werden. Hierbei muss die Löschungsbewilligung notariell beglaubigt werden.

  3. Mit einer Rückauflassungsvormerkung kann das Nießbrauchsrecht auch ohne Einverständniserklärung des Nießnutzers aufgehoben werden. Sollte sich der Nießbrauchsberechtigte vertragswidrig verhalten, kann der Eigentümer das Nießbrauchrecht widerrufen.

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