Sollte ich mein Haus bei einer Zwangsversteigerung kaufen?

Haus ersteigern: Schnäppchen oder Kostenfalle?

Marilena Meyer
Ob es sich lohnt, ein Haus bei der Zwangsversteigerung zu kaufen, muss gründlich abgewägt werden

Die wichtigsten Fakten

  • Beim Kauf einer Immobilie bei einer Zwangsversteigerung können Sie häufig zwischen 10 und 30 Prozent im Vergleich zu einem normalen Kauf sparen

  • Um an der Versteigerung teilzunehmen müssen Sie eine Sicherheitsgebühr von 10 Prozent des Verkehrswertes hinterlegen

  • Bei einem solchen Kauf haben Sie keinerlei Anspruch auf Gewährleistung bei vorher nicht sichtbaren Schäden

  • Zusätzlich zum gebotenen Kaufpreis kommen 4 Prozent Zinsen, eine Gebühr für das Gericht, die Grunderwerbsteuer und die Kosten für den Grundbucheintrag

So gelingt der Hauskauf bei Zwangsversteigerungen

Etwa die Hälfte aller Zwangsversteigerungen endet nicht in einem freien Bieterverfahren vor Gericht, sondern wird vorher außergerichtlich geregelt.

Kommt es zu einer Zwangsversteigerung vor Gericht, winkt Ihnen im Idealfall das große Schnäppchen.

So einfach, wie es sich anhört, ist es allerdings nicht. Wir beantworten die wichtigsten Fragen rund um die Zwangsversteigerung von Immobilien, damit Sie optimal vorbereitet sind.

Wie läuft eine Zwangsversteigerung ab?

Der Versteigerungstermin ist in drei Teile geteilt:

  1. Die Bekanntmachung

  2. Die Bieterstunde

  3. Die Erteilung des Zuschlags

Bei der Bekanntmachung wird zu Beginn der Versteigerung der durch das Gutachten ermittelte Verkehrswert der Immobilie verlesen.

Im Anschluss werden die Anwesenden über die Formalien und die Versteigerungsbedingungen durch einen Rechtspfleger informiert. Zusätzlich werden Informationen zum Objekt und zu den Gläubigern verlesen.

Der zweite Teil der Versteigerung ist die Bieterstunde. Diese muss mindestens 30 Minuten andauern. Während dieser Zeit dürfen alle angemeldeten Interessenten mündlich Ihre Gebote für das Wunschobjekt abgeben.

Für den vorläufigen Zuschlag verkündet der Rechtspfleger drei Mal das Höchstgebot. Wird kein höheres Gebot abgegeben, wird der Zuschlag erteilt.

In 6 Schritten zum Immobilienkauf bei einer Zwangsversteigerung
  1. Informationen zum Objekt sammeln

  2. Finanzierung klären

  3. Für den Versteigerungstermin anmelden

  4. Sicherheitsbetrag hinterlegen

  5. Höchstbetrag für das Objekt bieten

Sind Häuser aus Zwangsversteigerungen wirklich günstiger?

Diese Frage kann leider nicht pauschal beantwortet werden – es kommt vielmehr auf den Einzelfall an. Der Kauf einer Immobilie aus einer Zwangsversteigerung kann im Idealfall ein Schnäppchen sein.

Je nach Objekt und Lage können Sie dabei nach Meinung von Fachleuten zwischen 10 und 30 Prozent sparen.

Doch was viele nicht wissen: Auch ein Preis über dem eigentlichen Wert ist bei einer Zwangsversteigerung möglich.

Besonders die Zahl der willigen Bieter entscheidet über die Höhe des Kaufpreises. Das kann bei gefragten Objekten auch schnell in marktüblichen Segmenten enden.

Welche Risiken bestehen beim Kauf von zwangsversteigerten Immobilien?

Immobilienauktionen bieten Risiken und sind sicher nichts für ängstliche oder risikoscheue Personen.

Entscheiden Sie sich dennoch für diese Art des Immobilienerwerbs, müssen Sie mit diesen 6 Risiken rechnen:

Die Risiken
  • Risiko 1: Ausschluss der Gewährleistung
    Bei Zwangsversteigerungen entfällt jeglicher Anspruch auf Gewährleistung bei Baumängeln. Kommen Mängel erst später ans Licht, müssen Sie diese also Wohl oder Übel aus eigener Tasche bezahlen.

  • Risiko 2: Fehlende Informationen
    Mögliche Sondernutzungsrechte, verdeckte Schäden oder Altlasten – häufig sind nicht immer alle Informationen zur Immobilie bekannt. Auch das offizielle Wertgutachten ist keine Garantie, denn der Eigentümer ist nicht verpflichtet, den Gutachter überhaupt in das Objekt zu lassen. Gerade bei älteren Immobilien ist es deshalb ratsam, einen Puffer für Sanierungsmaßnahmen einzuplanen.

  • Risiko 3: Unterlagen nicht vollständig
    Neben fehlenden Informationen können bei einer zwangsversteigerten Immobilie auch Unterlagen fehlen. Das können bei vermieteten Immobilien zum Beispiel Baupläne oder Mietverträge sein

  • Risiko 4: Räumung und Übergabe
    Auch hier lauern Risiken. Wenn der bisherige Eigentümer sich weigert auszuziehen, ist Stress vorprogrammiert. Als neuer Eigentümer sind Sie für die Durchsetzung der Räumung verantwortlich und bleiben womöglich auf den Kosten für den Vollstreckungstermin der Räumung sitzen.

  • Risiko 5: Bieterwettstreit
    Auch mit einem selbst gesetzten Maximalgebot kann die Stimmung beim Versteigerungstermin ansteckend sein. Im Eifer des Gefechts wird man zum mitbieten angestachelt und schmeißt dabei seine Strategie schnell über Bord. Ein weiteres Risiko: Wird eine Immobilie einer Erbengemeinschaft zwangsversteigert, dürfen diese einzeln auch mitbieten und können den Preis so in die Höhe treiben.

  • Risiko 6: Plötzlich Vermieter
    Wenn Sie eine vermietete Immobilie ersteigern, werden Sie automatisch zum neuen Vermieter. Die bestehenden Mietverhältnisse können Sie nur durch die Anmeldung von Eigenbedarf kündigen.

Wie bereite ich mich auf die Zwangsversteigerung vor?

Eine gute Vorbereitung schützt Sie vor der sprichwörtlichen Katze im Sack.

Objekt suchen

Auch beim Kauf einer Immobilie, die zwangsversteigert wird, gilt eine der wichtigsten Grundregeln beim Immobilienkauf: Kaufen Sie nicht die Katze im Sack!

Für die Suche nach einer passenden Investition brauchen Sie deshalb vor allem Zeit. Sondieren Sie regelmäßig die Angebote unter zvg-portal.de in Ihrer Region und entwickeln Sie ein Gefühl für die aufgerufenen- und am Ende tatsächlich gezahlten Preise.

Es lohnt sich deshalb auch, unverbindlich einige Versteigerungen zu besuchen, ohne selbst mitzubieten.

Informationen sammeln

Haben Sie in den Ankündigungen der kommenden Versteigerungen ein passendes Objekt gefunden, heißt es schnell handeln.

Grundsätzlich gilt: Je mehr Informationen Sie bekommen, desto besser.

Studieren Sie das offizielle Wertgutachten und achten Sie dabei auch darauf, welche Informationen der Gutachter nicht aufgeführt hat. Wurde beispielsweise der Zugang zur Immobilie vom Eigentümer verwehrt, könnte das ein Indiz für mögliche Mängel sein.

Auch ein Blick ins Grundbuch gehört zu einer guten Vorbereitung. Darin sind alle Rechte im Zusammenhang mit dem Grundstück festgehalten.

Objekt anschauen

Ein Besuch vor Ort kann Klarheit schaffen, selbst wenn Sie das Objekt lediglich von außen unter die Lupe nehmen können.

Allerdings bietet der Besuch eine weitere Möglichkeit: Wenn der Eigentümer den Gutachter nicht in die Immobilie gelassen hat, können Sie als privater Interessent dennoch nach einer Besichtigung fragen.

Verweigert der Eigentümer weiterhin, erkundigen Sie sich bei Nachbarn nach Informationen zum Haus.

Wie kann ich an einer Zwangsversteigerung teilnehmen?

Zwangsversteigerungen sind in der Regel öffentlich und können somit von allen Interessierten besucht werden. Die Teilnahme am Verfahren ist allerdings nicht ohne weiteres möglich.

Dazu müssen sich alle Bieter im Vorfeld anmelden und volljährig sein. Zudem muss jeder Bieter beim zuständigen Amtsgericht eine Sicherheitsgebühr in Höhe von 10 Prozent des veranschlagten Verkehrswertes der Immobilie hinterlegen.

Ist diese Gebühr hinterlegt und die Person volljährig, steht einer Teilnahme am Bieterverfahren nach Vorlage des Personalausweises nichts mehr im Wege.

In welcher Form muss die Sicherheitsgebühr hinterlegt werden?

Die Form der Sicherheitsleistung bei einer Zwangsversteigerung wird in § 69 des Zwangsversteigerungsgesetzes (ZVG) festgelegt.

Dabei haben Sie die Wahl zwischen drei verschiedenen Formen:

Verrechnungsscheck / Bundesbankschecks

Der Scheck darf dabei maximal drei Werktage vor dem Versteigerungstermin ausgestellt worden sein. Zur Bundesbank gehören auch die Landeszentralbanken, sodass auch Landeszentralbankschecks zulässig sind.

Bankbürgschaft

Eine unbedingte, unbefristete und selbstschuldnerische Bankbürgschaft ist ebenfalls als Sicherheitsleistung zulässig.

Allerdings muss das Kreditinstitut berechtigt sein, eine solche Bürgschaft für den Geltungsbereich des ZVG auszustellen. Ob Ihre Hausbank auch dazu gehört, muss deshalb frühzeitig geklärt werden.

Überweisung des Betrags an ein Konto der Gerichtskasse

Der ominöse Geldkoffer hat ausgedient: Die Sicherheit in Form von Bargeld ist seit einigen Jahren dagegen nicht mehr möglich, um der Gefahr von Geldwäsche und Überfällen vorzubeugen. Inzwischen ist lediglich eine Überweisung zulässig.

Wie hoch muss das Gebot mindestens für den Zuschlag sein?

Beträgt das Höchstgebot beim ersten Versteigerungstermin für die Immobilie weniger als 50 Prozent des angegebenen Verkehrswertes, erteilt das Gericht keinen Zuschlag.

Auch der Gläubiger des Eigentümers, dessen Haus zwangsversteigert wird, kann unter bestimmten Umständen den Zuschlag blockieren. Das ist dann möglich, wenn der gebotene Preis mehr als 50, aber weniger als 70 Prozent des Verkehrswertes beträgt.

Damit die Immobilien nicht verschleudert werden und der Gläubiger seine Forderungen zumindest in Teilen erhält, gibt es grundsätzliche Regeln für alle Versteigerungstermine für ein Objekt.

Regeln bei der Versteigerung:
  1. Beim ersten Versteigerungstermin muss das Höchstgebot mindestens 70 Prozent des Verkehrswertes erreichen

  2. Beim zweiten Versteigerungstermin muss das Höchstgebot mindestens 50 Prozent des Verkehrswertes erreichen

  3. Erst beim dritten Versteigerungstermin gibt es keine Angaben mehr, wie hoch das Höchstgebot für den Zuschlag sein muss

Welche Tipps sollte ich beim Bieten noch beachten?

  • Nur mit Finanzierungskonzept bieten – Ohne Finanzierungsplan sollten Sie nicht um eine Immobilie bieten. Sonst laufen Sie Gefahr, die Kosten nicht stemmen zu können

  • Krumme Werte – damit zeigen Sie nicht direkt, wo Ihre Schmerzgrenze liegt

  • Maximalgebot – Die Immobilie muss finanzierbar bleiben. Setzen Sie sich deshalb ein Maximalgebot, das Sie nicht überschreiten

  • Nicht zu früh einsteigen – Die Bieterstunde ist für 30 Minuten angesetzt. Sie können sich also ruhig etwas Zeit lassen und müssen nicht direkt einsteigen

Welche Kosten kommen auf mich zu?

Der größte Teil der Kosten ist natürlich der bei der Bieterstunde gebotene Kaufpreis für die Immobilie.

Da Sie bereits vor der Ersteigerung 10 Prozent des Verkehrswertes als Sicherheitsleistung gezahlt haben, müssen Sie hier den Differenzbetrag zur tatsächlichen Kaufsumme zahlen. Doch das sind noch nicht alle Kosten.

Diese Kostenpunkte kommen bei einer Zwangsversteigerung auf Sie zu:
  • 4 Prozent Zinsen auf den Zuschlagsbetrag

  • 1 Prozent Gebühr vom Gericht auf den Zuschlagsbetrag

  • Grunderwerbsteuer

  • Kosten für den Grundbucheintrag

Dennoch: Ein Kauf einer Immobilie aus einer Zwangsversteigerung ist in der Regel günstiger als ein „normaler“ Kauf. Es fallen keine Notarkosten oder Maklergebühren an.

Bis wann muss der Kaufpreis gezahlt werden?

Der Kaufpreis muss bis zum Verteilungstermin gezahlt werden. Dieser findet in der Regel 6 bis 8 Wochen nach dem Versteigerungstermin statt.

Fazit - Sollte ich eine Immobilie aus einer Zwangsversteigerung kaufen?

Hohe Immobilienpreise und steigende Mieten – die Jagd nach dem Schnäppchen ist eröffnet. Immobilien aus Zwangsversteigerungen können dabei eine Möglichkeit sein.

Sie bergen allerdings auch ein erhebliches Risiko und können je nach Zustand der Immobilie auch mit enormen Folgekosten verbunden sein.

Mit einer detaillierten Vorbereitung und einem richtigen Finanzierungskonzept können Sie aber bares Geld sparen und dem Traum der eigenen Immobilie einen Schritt näher kommen.

FAQ

Die häufigsten Fragen

Um an einer Zwangsversteigerung teilzunehmen, müssen sich alle Bieter im Vorfeld anmelden und volljährig sein. Zudem muss jeder Bieter beim zuständigen Amtsgericht eine Sicherheitsgebühr in Höhe von 10 Prozent des veranschlagten Verkehrswertes der Immobilie zahlen. Ist diese Gebühr hinterlegt und die Person volljährig, ist eine Teilnahme am Bieterverfahren nach Vorlage des Personalausweises möglich.

Der Versteigerungstermin ist in drei Teile geteilt:

  • Die Bekanntmachung: Hier wird zu Beginn der Versteigerung der durch das Gutachten ermittelte Verkehrswert der Immobilie verlesen
  • Die Bieterstunde: Diese muss mindestens 30 Minuten andauern. Während dieser Zeit dürfen alle angemeldeten Interessenten mündlich Ihre Gebote für das Wunschobjekt abgeben
  • Die Erteilung des Zuschlags: Hier verkündet der Rechtspfleger drei Mal das Höchstgebot. Wird kein höheres Gebot abgegeben, wird der Zuschlag erteilt

Häufig können Sie die Immobilie nur von außen sehen. Allerdings bietet der Besuch eine weitere Möglichkeit: Wenn der Eigentümer den Gutachter nicht in die Immobilie gelassen hat, können Sie als privater Interessent dennoch nach einer Besichtigung fragen. Verweigert der Eigentümer weiterhin, erkundigen Sie sich bei Nachbarn nach Informationen zum Haus.

Eine Zwangsversteigerung ist in aller Regel die Folge, wenn der bisherige Eigentümer nicht mehr in der Lage ist, seinen finanziellen Verpflichtungen nachzukommen. Häufig ist auch eine Zwangsversteigerung die Folge, wenn sich eine Erbengemeinschaft nicht einigen kann, was mit der Immobilie geschehen soll.

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