Wie berechne ich den Ertragswert einer Immobilie?

Ertragswertverfahren zur Bewertung von Miet- und Gewerbeimmobilien

Marilena Meyer
Mit dem Ertragswertverfahren den Wert eines Mehrfamilienhauses ermitteln

Die wichtigsten Fakten

  • Das Ertragswertverfahren eignet sich vor allem für Miet- und Gewerbeimmobilien

  • Der Ertragswert wird anhand der Miet- oder Pachteinnahmen berechnet

  • Ermitteln Sie den Ertragswert mithilfe des Ertragswert-Rechners

Wie hoch ist der zu erwartende Ertrag meiner Immobilie?

Das Ertragswertverfahren ist eine von drei anerkannten Methoden zur Wertermittlung einer Immobilie.

Dabei eignet sich dieses Verfahren besonders für vermietete Wohnimmobilien oder Gewerbeimmobilien.

Welche Vor- und Nachteile das Ertragswertverfahren mit sich bringt und wie der Ertragswert ermittelt wird, zeigen wir Ihnen jetzt.

Was ist das Ertragswertverfahren?

Möchten Sie den Verkehrswert oder den langfristigen Beleihungswert Ihrer Immobilie ermitteln, kommt das Ertragswertverfahren ins Spiel.

Gerade wenn es sich bei Ihrer Immobilie um ein Mietobjekt oder ein gemischtes Wohn- und Gewerbeobjekt handelt, wird hier auf das Ertragswertverfahren zurückgegriffen.

Was hier ganz entscheidend ist:

“Nicht der eigentliche Wert der Immobilie zählt, sondern wie hoch der zu erwartende Ertrag aus den Mieteinnahmen ist.”

Doch nicht bei allen Immobilien kann das Ertragswertverfahren angewandt werden.

Bei diesen Objekten wird das Ertragswertverfahren angewandt:
  • Vermietete Mehrfamilienhäuser

  • Büro- und Geschäftshäuser

  • Einkaufszentren

  • Hotels

  • Parkhäuser, Tankstellen, Lagerhallen

  • Wohn- und Geschäftshäuser mit einer Mischnutzung

Das Ertragswertverfahren gehört neben dem Sachwertverfahren und dem Vergleichswertverfahren laut der Immobilienwertermittlungsverordnung (ImmoWertV) zu den zulässigen Verfahren, um den Wert einer Immobilie zu bestimmen.

Wie wird der Ertragswert berechnet?

Möchten Sie den Ertragswert Ihrer Immobilie berechnen, sollten Sie einen Sachverständigen oder einen Gutachter damit beauftragen.

Dieser wird das Grundstück und das Gebäude zunächst getrennt voneinander berechnen.

Der Grund ist ganz einfach: Während das Grundstück nicht an Wert verliert, kann ein Gebäude über die Jahre einen Wertverlust erleben.

Die Ermittlung des Ertragswertes basiert auf diesen Faktoren:

Faktor Bedeutung
Bodenwert spiegelt den Wert des unbebauten Grundstücks wider
Rohertrag beinhaltet die ortsübliche Vergleichsmiete
Bewirtschaftungskosten alle Ausgaben, die bei der Nutzung der Immobilie anfallen, aber nicht auf den Mieter umgelegt werden
Liegenschaftszins der marktübliche Zinssatz der Immobilie
Vervielfältiger gibt an wie lange es dauert, bis die Anschaffungskosten durch den Reinertrag der Immobilie wieder ausgeglichen sind
Sonstige wertbeeinflussende Merkmale Faktoren, die den Wert senken, wie beispielsweise Bauschäden oder Mietbindungen oder steigern

Ertragswert berechnen: Schritt für Schritt

Aus den Faktoren ergibt sich folgende Formel zur Berechnung des Gebäudeertragswertes:

((Rohertrag - Bewirtschaftungskosten) - (Bodenwert * Liegenschaftszins)) * Vervielfältiger

Ganz schön kompliziert!

Schauen wir uns die Berechnung noch einmal Schritt für Schritt an:

Schritt 1: Bodenwert bestimmen

Bodenrichtwert x Grundstücksfläche = Bodenwert

Der Bodenwert errechnet sich aus dem Bodenrichtwert. Dieser Wert ist ein amtlicher Lagewert und kann bei Gutachterausschüssen für Grundstückswerte eingesehen werden.

Beispiel:

Es soll ein 120 m² großes Grundstück mit einem Dreifamilienhaus bewertet werden. Der Gutachterausschuss hat einen Bodenrichtwert von 500 Euro pro Quadratmeter für das Grundstück festgelegt. Der Bodenwert beträgt also 60.000 Euro.

500 €/m² * 120 m² = 60.000 €

Schritt 2: Reinertrag ermitteln

Rohertrag - Bewirtschaftungskosten = Reinertrag

Der Rohertrag einer Immobilie ergibt sich aus der Jahresmiete ohne die Betriebskosten. Dabei ist jedoch nicht die aktuelle Miete ausschlaggebend, sondern die ortsübliche Vergleichsmiete.

Die Bewirtschaftungskosten sind alle Ausgaben, die bei der Nutzung der Immobilie anfallen, aber nicht auf die Mieter umgelegt werden.

Beispiel:

Die vermieteten Wohnungen haben eine Wohnfläche von insgesamt 150 m². Die ortsübliche Vergleichsmiete beträgt 9,00 Euro pro Quadratmeter, woraus sich ein Rohertrag von 16.200 Euro ergibt. Die Betriebs- und Instandhaltungskosten belaufen sich im Jahr auf rund 5.200 Euro. Daraus ergibt sich ein Reinertrag von 11.000 Euro.

16.200 € – 5.200 € = 11.000 €

Schritt 3: Grundstücksreinertrag ermitteln

Formel: Bodenwert x Liegenschaftszins = Grundstücksreinertrag

Den Reinertrag des Grundstücks ermitteln Sachverständige, indem Sie den Bodenwert mit dem Liegenschaftszins multiplizieren. Der Liegenschaftszins drückt die potenzielle Rendite des Grundstücks aus. Als Grundlage kann auf die Daten des Immobilienverbands Deutschland zurückgegriffen werden.

Beispiel:

Der Liegenschaftszins für das Dreifamilienhaus in unserem Beispiel liegt bei 4,5 Prozent. Daraus ergibt sich ein Grundstücksreinertrag von 2.700 Euro.

60.000 € * 0,045 = 2.700 Euro

Schritt 4: Gebäudereinertrag ermitteln

Reinertrag - Grundstücksreinertrag = Gebäudereinertrag

Der Gebäudereinertrag ist der Ertrag der Immobilie ohne das Grundstück. Hierzu wird der Grundstücksreinertrag vom Reinertrag aus Schritt 2 abgezogen.

Beispiel:

Der Reinertrag des Wohnhauses beträgt 11.000 Euro. Der Reinertrag des Grundstücks liegt bei 2.700 Euro. Daraus ergibt sich ein Gebäudereinertrag von 8.300 Euro.

11.000 € – 2.700 € = 8.300 €

Schritt 5: Gebäudeertragswert errechnen

Gebäudereinertrag * Vervielfältiger = Gebäudeertragswert

Der Gebäudeertragswert beschreibt den Ertrag während der gesamten Nutzungsdauer eines Gebäudes. Hierzu wird der Gebäudereinertrag mit einem Vervielfältiger multipliziert. Dieser Faktor errechnet sich aus dem Liegenschaftszins und der Restnutzungsdauer. Er ist im Bewertungsgesetz (BeWG) festgelegt.

Beispiel:

Bei dem Mehrfamilienhaus wird eine Restnutzungsdauer von 70 Jahren ermittelt. Bei einem Liegenschaftszins von 4,5 Prozent ergibt sich ein Vervielfältiger von 21,20. Der Gebäudeertragswert liegt demnach bei 175.960 Euro.

8.300 € * 21,20 = 175.960 €

Schritt 6: Vorläufigen Ertragswert berechnen

Gebäudeertragswert + Bodenwert = vorläufiger Ertragswert.

Der vorläufige Ertragswert sagt aus, wie hoch der Ertrag einer Immobilie ist, wenn keine Bauschäden oder sonstige wertmindernde Merkmale vorliegen.

 

Beispiel:

Die Immobilie mit den drei Wohneinheiten hat einen Gebäudeertragswert von 175.960 Euro und steht auf einem Grundstück mit einem Bodenwert von 60.000 Euro. Daraus ergibt sich ein vorläufiger Ertragswert von 235.960 Euro.

175.960 € + 60.000 € = 235.960 €

Schritt 7: Endgültigen Ertragswert berechnen

Vorläufiger Ertragswert - wertmindernde Faktoren + wertsteigernde Faktoren = endgültiger Ertragswert

Für den endgültigen Ertragswert muss überprüft werden, ob wertbeeinflussende Faktoren vorhanden sind. Dabei berücksichtigen Sachverständige sowohl wertsteigernde, als auch wertmindernde Merkmale, wie beispielsweise Baumängel oder Mietbindungen.

Beispiel:

An dem Gebäude wurden Baumängel in Höhe von 8.200 Euro festgestellt. Daher ergibt sich ein endgültiger Ertragswert von 227.760 Euro.

235.960 € – 8.200 € = 227.760 €
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Welche Vor- und Nachteile hat das Ertragswertverfahren?

Das Ertragswertverfahren eignet sich besonders für die Wertermittlung von Anlageobjekten. Die praxisnahe Methode macht es auch Laien möglich, die Berechnung nachzuvollziehen.

Da viele Faktoren in die Berechnung mit einfließen, handelt es sich bei dem Verfahren um eine sehr präzise Wertermittlung für Immobilien.

Doch es gibt auch einige Nachteile:

So werden Veränderungen der Mieten in der Berechnung nicht berücksichtigt – was vor allem für Städte mit starken Miet-Schwankungen nachteilig ist.

Auch die starke Abhängigkeit vom Liegenschaftszins kann von Nachteil sein, da dieser in einigen Regionen nicht vorliegt.

Die Vor- und Nachteile des Ertragswertverfahrens:

Vorteile Nachteile
Praxisbezogene Methode Veränderungen in den Mietpreisen werden nicht berücksichtigt
Präzise Wertermittlung Liegenschaftszins liegt nicht in allen Regionen vor
Einfach nachvollziehbar
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