Wie hoch ist der Liegenschaftszins?

Wichtige Größe bei der Immobilienbewertung im Ertragswertverfahren

Marilena Meyer
Der Liegenschaftszins wird von verschiedenen Faktoren beeinflusst, wie z.B. der Lage und der Größe der Immobilie

Die wichtigsten Fakten

  • Der Liegenschaftszins ist für die Immobilienbewertung nach dem Ertragswertverfahren unerlässlich

  • Eine überschlagsmäßige Berechnung ist möglich, aber bei weitem nicht so aussagekräftig

Liegenschaftszins: Die Höhe hängt von vielen verschiedenen Faktoren ab

Sie möchten eine vermietete Immobilie kaufen oder verkaufen? In diesem Fall begegnet Ihnen fast automatisch der sogenannte Liegenschaftszins.

Dieser drückt das Verhältnis zwischen den zu erwartenden Einnahmen und dem Kaufpreis in bestimmten Regionen aus.

Mit anderen Worten: Er ist eine wichtige Kennzahl für Investoren. Das bedeutet: In der Immobilienbewertung hat der Liegenschaftszins einen festen Platz.

Doch was ist der Liegenschaftszins genau? Wie hoch fällt er aus und was sollten Sie als Verkäufer einer Immobilie beachten?

Lesen Sie weiter und erfahren Sie alles, was Sie über diese Kenngröße wissen müssen.

Was ist der Liegenschaftszins?

Der Liegenschaftszins bietet eine Einschätzung über das Verhältnis zweier wichtiger Größen:

  1. Der aktuelle Verkaufspreis (Verkehrswert)

  2. Die zu erwartenden Mieteinnahmen

Mit anderen Worten: Diese Rechengröße gibt an, wie hoch eine Immobilie auf Basis des Verkehrswertes verzinst wird.

Doch das ist noch nicht alles:

Der Liegenschaftszins wird häufig auch als Maßstab für die Werthaltigkeit einer Immobilie herangezogen.

Hierbei gilt:

“Je niedriger der Liegenschaftszins, desto wertstabiler das jeweilige Objekt. ”

Was sagt der Liegenschaftszins genau aus?

Der Liegenschaftszins ist eine Größe, die aus den Kaufpreissammlungen der Gutachterausschüsse entsteht.

Mit anderen Worten: Es werden für eine spezifische Wohngegend und ihre Besonderheiten Verkaufspreise aus der Vergangenheit zusammengetragen.

In Kombination mit den Mieteinnahmen ermitteln die Gutachter übliche Liegenschaftszinssätze für die jeweiligen Wohngegenden.

So entsteht eine ortsübliche Rechengröße, die grob die Verzinsung einer Liegenschaft angibt.

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Definition: Was ist eine Liegenschaft?

Der Begriff „Liegenschaft“ meint unbeweglichen Besitz, also ein bebautes oder unbebautes Grundstück.

Doch was heißt das genau?

Damit sind nicht nur Wohnimmobilien gemeint, sondern auch:

Liegenschaften sind:
  • Bürogebäude

  • Sport- und Freizeitanlagen

  • Unbebaute Grundstücke

  • Produktions- und Lagerhallen

  • Sonstige Gewerbeflächen

Wofür benötige ich den Liegenschaftszins?

Der Liegenschaftszins ist vor allem in zwei Fällen wichtig:

1. Bei der Ermittlung des Ertragswertes einer Immobilie

Wenn Sie den Ertragswert ermitteln möchten, handelt es sich meist um den Verkauf einer vermieteten Immobilie.

Denn: Der Liegenschaftszins hilft dabei, den Immobilienwert bei Einsatz des Ertragswertverfahrens zu ermitteln.

Mit dem Zins wird quasi eine Größe herangezogen, die die übliche Verzinsung von Grundstücken in einer bestimmten Makro- und Mikrolage darstellt.

2. Bei der Risikoeinschätzung vor einem Immobilieninvestment

Der Liegenschaftszins beinhaltet viele Komponenten, die ihm eine gewisse Aussagekraft zumessen.

Das bedeutet: Die Höhe der Verzinsung ist zum einen ein Hinweis auf die mögliche Rendite und zum anderen auch ein Gradmesser für das Risiko.

Mit anderen Worten:

“Investoren erzielen bei einem hohen Liegenschaftszins eine bessere Rendite auf den Kaufpreis. ”

Aber: Sie müssen auch mit Risiken wie einer Abwertung des Wohnviertels oder einer größeren Mieterfluktuation rechnen.

In Kurzform:
  1. Hoher Liegenschaftszins: Hohes Risiko und hohe Rendite

  2. Niedriger Liegenschaftszins: Niedrigere Rendite bei hoher Wertbeständigkeit

Welche Rolle spielt der Liegenschaftszins für das Ertragswertverfahren?

Das Ertragswertverfahren ist dann wichtig, wenn Sie den Wert eines vermieteten Objektes ermitteln möchten.

Das gilt sowohl für Mehrfamilienhäuser als auch für Gewerbeimmobilien wie Bürohäuser oder Shoppingcenter. Doch warum ist das so?

Die Antwort: Bei diesen Immobilien steht der dauerhaft erzielbare Ertrag im Mittelpunkt.

Vereinfacht gesagt: Käufer möchten Mieteinnahmen erzielen. Bei einer Nutzung als Eigenheim sind mögliche Einnahmen hingegen nicht so wichtig.

Wie lässt sich das Ertragswertverfahren anwenden?

Sie können das Ertragswertverfahren als Laie nicht selbst anwenden, denn es erfordert Spezialwissen. Deshalb: Lassen Sie sich stattdessen von einer sachverständigen Person unterstützen.

Diese ermittelt sowohl den Bodenwert als auch den Sachwert, woraus der Ertragswert entsteht.

Hier die Formel zur Berechnung des Ertragswerts:
  1. Grundstücksgröße * Bodenrichtwert = Bodenwert

  2. Rohertrag = ortsübliche Jahresmiete

  3. Rohertrag – Bewirtschaftungskosten = Reinertrag des Grundstück

  4. Bodenwert * Liegenschaftszins = Bodenwertverzinsung

  5. Reinertrag des Grundstücks – Bodenwertverzinsung = Gebäudereinertrag

  6. Gebäudereinertrag * Vervielfältiger = Gebäudeertragswert

  7. Bodenwert + Gebäudeertragswert = vorläufiger Ertragswert

  8. Vorläufiger Ertragswert +/- sonstige wertbeeinflussende Umstände = Ertragswert (Verkehrswert)

Hier wird klar: Der Liegenschaftszins bildet die Grundlage für die Bodenwertverzinsung.

Was ist der Vervielfältiger?

Der Vervielfältiger beeinflusst den Verkehrswert einer Immobilie erheblich. Er wird auch als Barwertfaktor bezeichnet.

Und hier kommt der Liegenschaftszins noch einmal ins Spiel.

Denn: Der Vervielfältiger ist eine Rechengröße, die sich aus der Restnutzungsdauer und dem Liegenschaftszins errechnet.

Mit dem Liegenschaftszins wird hierbei abgezinst.

Der Zusammenhang sieht dabei folgendermaßen aus:
  • Hohe Restnutzungsdauer hoher Vervielfältiger

  • Hoher Liegenschaftszins niedriger Vervielfältiger

Das heißt: Fällt der Liegenschaftszins hoch aus, ergibt sich daraus ein niedrigerer Verkehrswert als bei einem niedrigen Zinssatz.

Wie hoch ist üblicherweise der Liegenschaftszins?

Die Einschätzung eines Liegenschaftszinses erfordert Erfahrung, aber auch Richtwerte.

Der Immobilienverband IVD veröffentlicht daher regelmäßig Informationen wie etwa die Zinsspannen, die bei einem ausgeglichenen Immobilienmarkt üblich sind.

Um einen Liegenschaftszins einzuschätzen, hilft Ihnen diese Tabelle vom IVD:

Art der Immobilie Durchschnittliche Zinsspanne
Villa, großes Einfamilienhaus 1,0 – 3,5 %
freistehendes Einfamilienhaus 1,5 – 4,0 %
nicht freistehendes Einfamilienhaus EFH, Doppel-/Reihenhaus 1,5 – 4,0 %
Eigentumswohnung 1,5 – 4,0 %
EFH mit Einliegerwohnung bis Drei-Familienhaus 1,5 – 4,0 %
Vierfamilienhaus bis Mehrfamilienhaus 2,5 – 5,5 %
W+G Häuser, bis 20 % Gewerbeflächenanteil 3,5 – 7,0 %
W+G Häuser, 20 % – 80 % Gewerbeflächenanteil 4,0 – 7,5 %
Büro-/Geschäftshaus 4,0 – 8,0 %
Lager- und Produktionshallen 4,5 – 8,5 %
Industrieobjekte 6,5 – 9,5 %
Sport-/Freizeitanlage 6,5 – 9,5 %
Öffentl. Gebäude mit Drittverwendungsmöglichkeit 6,0 – 7,5 %
Öffentl. Gebäude ohne Drittverwendungsmöglichkeit 7,0 – 8,5 %
Klinik-, Pflege- und Sozialimmobilien 6,0 – 8,0 %
Hotels 5,0 – 8,5 %
Quelle: IVD, Stand: Januar 2023
Hinweis Faustregel:

Je niedriger der Liegenschaftszinssatz ist, desto wertstabiler die Immobilie. Investoren achten daher auf einen niedrigen Liegenschaftszinssatz.

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Was beeinflusst den Liegenschaftszins?

Der Wert des Liegenschaftszinses hängt von mehreren Faktoren ab. Die folgenden drei Punkte haben einen besonders großen Einfluss auf den Zinssatz:

  • Lage und Verkehrsanbindung der Liegenschaft

  • Gebäudeart und Entwicklungsmöglichkeiten

  • Wirtschaftliche Restnutzungsdauer

Wie immer bei Immobilien gilt auch hier, dass insbesondere die Lage der Immobilie ausschlaggebend für ihren Wert ist.

Mit anderen Worten: In Metropolen fallen die Liegenschaftszinsen erfahrungsgemäß deutlich niedriger aus als etwa im ländlichen Raum.

Denn: Immobilien in einer kaufkraftstarken Stadt wie Hamburg sind wertbeständiger als etwa Objekte im brandenburgischen Wittenberge, das mit wirtschaftlicher und demografischer Schrumpfung zu tun hat.

Auch die Zukunftsaussichten der Stadt oder Gemeinde sowie die Mikrolage des Objektes sind sehr einflussreich für dessen Wert.

Profis wissen, wie sie diese Faktoren am besten bewerten, um den Ertragswert einer Immobilie zu ermitteln.

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Wo finde ich den Liegenschaftszins?

Privatpersonen können den Liegenschaftszins einer Kommune meist nicht direkt einsehen. Nur selten finden Sie die Werte für Ihre Kommune auf der Website der Stadtverwaltung.

Doch: Gegen ein Entgelt ist es möglich, den aktuellen Liegenschaftszinssatz für eine Kommune beim Gutachterausschuss zu erfragen.

Wenn Sie einen professionellen Gutachter mit der Wertermittlung beauftragen, berechnet dieser den individuellen Liegenschaftszins für Sie.

Wie berechne ich den Liegenschaftszins?

Die genaue Berechnung des Liegenschaftszinses ist kompliziert. Jedoch gibt es die folgende überschlagsmäßige Formel:

Liegenschaftszins = (Jahresreinertrag * 100) / Kaufpreis der Immobilie

Mit dem Jahresreinertrag sind die Mieteinnahmen abzüglich der Bewirtschaftungskosten gemeint, die sich nicht auf die Mietenden übertragen lassen.

Beachten Sie hier: Diese überschlagsmäßige Berechnung ist nur eine sehr grobe Orientierung und damit fehleranfällig.

Die Gründe liegen auf der Hand:
  • Die Lage wird nur auf Basis einer Immobilie mit einbezogen

  • Auch die Mieterfluktuation spielt dabei keine Rolle

  • Entwicklungsmöglichkeiten der Wohngegend bleiben außen vor

Beispielrechnung Liegenschaftszins

Die folgenden zwei Beispiel zeigen, wie der Liegenschaftszinssatz per überschlagsmäßiger Formel in etwa aussehen könnte:

  • Mietwohnung A: Jahresreinertrag von 15.000 Euro und Kaufpreis von 450.000 Euro = Liegenschaftszins von 3,33 Prozent

  • Mietwohnung B: Jahresreinertrag von 15.000 Euro und Kaufpreis von 600.000 Euro = Liegenschaftszins von 2,5 Prozent

Entsprechend ist abzuleiten, dass der Kauf von Wohnung B die sinnvollere Wahl ist.

Denn: Der Liegenschaftszins fällt niedriger aus, was auf eine wertstabilere Immobilie hindeutet.

Dennoch ist es wichtig, einen professionellen Sachverständigen damit zu beauftragen, eine fundierte Kaufberatung durchzuführen.

Das hat seinen Grund: Der Profi berücksichtigt viele weitere Faktoren und nutzt ein komplexeres Rechenverfahren, um zu ermitteln, welches Investment sinnvoller ist.

FAQ

Die häufigsten Fragen

Der Immobilienverband IVD veröffentlicht regelmäßig die üblichen Zinsspannen für verschiedene Immobilienarten. Bei freistehenden Einfamilienhäusern liegt der Liegenschaftszins durchschnittlich bei 1,5 bis 4,0 Prozent.

Für Grundstücke mit Mehrfamilienhäusern werden 2,5 bis 5,5 Prozent veranschlagt. Hierbei gilt: Je niedriger der Zinssatz, desto besser.

Der Liegenschaftszinssatz wird vom Gutachterausschuss der jeweiligen Gemeinde oder Stadt veröffentlicht. Sie können diese Werte anfragen.

Üblicherweise ist es jedoch so, dass Sie einen Gutachter mit der Wertermittlung beauftragen. Der Gutachter kümmert sich dann darum, die von den Ausschüssen ermittelten Liegenschaftszinssätze zu erhalten.

Grob gesagt wird der Liegenschaftszins berechnet, indem der Jahresreinertrag einer Immobilie durch den Kaufpreis geteilt wird. Der Reinertrag besteht aus Mieteinnahmen abzüglich der Bewirtschaftungskosten, die sich nicht auf die Mieter übertragen lassen.

Der präzise Liegenschaftszinssatz ist deutlich komplizierter zu berechnen, da hier viele Faktoren einfließen.

Kommunen sind dafür zuständig, den Liegenschaftszins für bestimmte Wohnviertel zu berechnen.

Dafür setzen sie Gutachterausschüsse aus erfahrenen Experten ein. Diese nutzen unter anderem die tatsächlich erzielten Kaufpreise, um eine fundierte Berechnung anzustellen.

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