Neue Grundsteuer 2022: Was ändert sich für Eigentümer?
Lange blieb sie unangetastet, nun stehen einige Änderungen bevor: Die Grundsteuer wird reformiert. Eigentümer müssen neben den Änderungen auch mit höheren Kosten rechnen.
Doch was ist die Grundsteuer überhaupt? Wie wird sie berechnet? Worin liegt der Unterschied zwischen der Grundsteuer A und B und was genau bringt die Grundsteuerreform mit sich?
Wir haben alles zusammengefasst, was Sie wissen müssen.
Das Wichtigste in Kürze
Die Grundsteuerreform soll in erster Linie dafür sorgen, dass die Steuerlast gerechter verteilt wird
Für die neue Grundsteuer werden alle Grundstücke in Deutschland neu bewertet
Eigentümer müssen bei der Bewertung der Grundstücke mitwirken
Was ist die Grundsteuer?
Mit der Grundsteuer besteuert das Finanzamt Grundbesitz. Jeder, der ein Grundstück besitzt, muss die Grundsteuer zahlen.
Dabei spielt es keine Rolle, ob das Grundstück bebaut oder unbebaut ist.
Die Grundsteuer ist eine wichtige Einnahmequelle für Gemeinden. Sie finanzieren so die lokale Infrastruktur.
Gemeinden nehmen jährlich rund 15 Milliarden Euro allein durch die Grundsteuer ein.
Die Grundsteuer muss nicht nur für Wohngrundstücke, sondern auch für gewerblich genutzte und für landwirtschaftliche Flächen gezahlt werden.
Es wird zwischen der Grundsteuer A, B und C unterschieden.
Grundsteuer A, B und C: Was ist der Unterschied?
Die Grundsteuer A steht für “agrarisch”, also Grundstücke der Land- und Forstwirtschaft.
Die Grundsteuer B steht für “baulich”, also bebaute oder bebaubare Grundstücke.
Die Grundsteuer C war bis 1962 eine erhobene Ausprägung der Grundsteuer. Sie sollte Bodenspekulationen verhindern und zu dem Schließen von Baulücken beitragen.
Doch nun steht sie kurz vor ihrem Comeback.
Grundsteuerreform: Was ändert sich?
Lange hat sich nichts getan, nun nimmt die Grundsteuerreform Fahrt auf.
Ein wichtiger Baustein zur Berechnung der Grundsteuer ist unter anderem der Einheitswert. Dieser wird von den zuständigen Finanzämtern für das jeweilige Grundstück festgestellt.
Doch der Einheitswert ist stark in die Kritik geraten.
Das hat einen guten Grund: Bisher basiert der Einheitswert auf Grundstückswerten aus dem Jahr 1964 (alte Bundesländer) oder sogar 1935 (neue Bundesländer).
Da sich die veralteten Einheitswerte natürlich extrem von den aktuellen Verkehrswerten der Immobilien unterscheiden, führt dies in der Berechnung der Grundsteuer zu erheblichen Ungerechtigkeiten.
Aufgrund dieser Wertverzerrung entschied sich das Bundesverfassungsgericht für die Grundsteuerreform.
Nun wird die Grundsteuer in folgenden Schritten reformiert:
Ablauf Grundsteuerreform
In vielen Fällen können Sie den B-Plan online einsehen. Dieser wird auf der Website des Bauordnungsamts, des Stadtplanungsamts oder der Gemeindeverwaltung zur Verfügung gestellt. Jeder darf diese Online-Pläne anschauen.
Hauptfeststellungszeitpunkt:
Bis zum 01. Januar 2022 werden alle Grundstücke in Deutschland neu bewertet.Feststellungserklärung:
Ab dem 01. Juli 2022 reichen Immobilienbesitzer die Grundsteuererklärung elektronisch bei ihrem zuständigen Finanzamt ein. Danach erhalten sie einen Feststellungsbescheid mit dem neuen Grundsteuerwert.Fristende:
Am 31.Oktober 2022 endet die Frist zur Abgabe der Grundsteuererklärung.Neue Hebesätze:
Mit den neuen Grundsteuerwerten werden die Hebesätze durch die Gemeinden angepasst.Erhebung der neuen Grundsteuer:
Ab dem 01. Januar 2025 wird die neue Grundsteuer erhoben.
Nächster Termin
Am 1. Januar 2029 soll die nächste Hauptfeststellung stattfinden
Gehen wir die Änderungen im Einzelnen durch:
Wie wird die Grundsteuer ab 2025 berechnet?
Was unverändert bleibt: Die Grundsteuer soll auch weiterhin wertorientiert erhoben werden.
Das bedeutet: Wer eine Immobilie im Zentrum einer gefragten Metropole besitzt, soll mehr zahlen als ein Eigenheimbesitzer einer vergleichbaren Immobilie in einer strukturschwachen Gegend.
An der Formel zur Berechnung der Grundsteuer ändert sich 2025 auf den ersten Blick nichts:
Grundsteuerwert x Steuermesszahl x Hebesatz = Grundsteuer
Allerdings bildete bisher anstelle des Grundsteuerwertes der Einheitswert die Basis der Grundsteuerberechnung.
Da der Einheitswert jedoch stark veraltet ist, werden alle Grundstücke in Deutschland neu bewertet.
Eine Menge Arbeit
36 Millionen Grundstücke müssen neu bewertet werden
Berechnung Grundsteuerwert: Bundesmodell
Der Grundsteuerwert für bebaute Grundstücke wird mithilfe des Ertragswertverfahrens oder dem Sachwertverfahren ermittelt.
Für Ein- und Zweifamilienhäuser sowie Eigentumswohnungen empfiehlt sich das Ertragswertverfahren.
Keine Sorge: Die Berechnungen übernimmt das Finanzamt.
Sie als Eigentümer müssen lediglich ein paar Informationen über Ihr Eigentum übermitteln. Welche das sind, erfahren Sie weiter unten in diesem Artikel.
Wichtige Faktoren für die Höhe des Grundsteuerwertes sind:
- Bodenrichtwert
- Nettokaltmiete
- Grundstücksfläche
- Grundstücksart
- Baujahr
Den Bodenrichtwert erfahren Sie im Bodenrichtwertinformationssystem (BORIS) Ihres Bundeslandes.
Die Nettokaltmiete ist unter anderem von der Mietniveaustufe Ihrer Gemeinde abhängig.
Das Bundesfinanzministerium hat hierzu auf Basis der Durchschnittsmieten in allen 16 Bundesländern jeder Gemeinde in ein bestimmtes Niveau eingeordnet.
Die Mietnieveaustufe finden Sie in de “Verordnung zur Einstufung der Gemeinden in eine Mietniveaustufe”.
Achtung!
Es gelten unterschiedliche Berechnungen in den Bundesländern
So einfach die neue Formel zur Berechnung der Grundsteuer auch aussehen mag: Hier sitzt der Teufel im Detail.
Der “Grundsteuerwert” ist nämlich von unterschiedlichen Faktoren abhängig.
Und hier scheiden sich die Geister. Nicht alle Bundesländer waren begeistert von der Reform.
Berechnung der Grundsteuer nach Bundesland
Die Bundesländer haben die Möglichkeit von dem sogenannten “Bundesmodell” zur Berechnung der Grundsteuer abzuweichen.
Insgesamt haben sich sechs verschiedene Modelle in den Bundesländern durchgesetzt.
Ganz schön unübersichtlich…
Deshalb haben wir zusammengefasst, welche Bundesländer sich für welches Modell entschieden haben.
Übersicht: Berechnungsmodelle der Bundesländer
Berechnungsmodell | Bundesland | Faktoren für die Berechnung |
---|---|---|
Bundesmodell | Berlin, Brandenburg, Bremen, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein, Thüringen |
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Modifiziertes Bundesmodell | Baden-Württemberg, Saarland, Sachsen |
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Flächenmodell | Bayern |
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Wohnlagenmodell | Hamburg |
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Flächen-Faktor-Modell | Hessen |
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Flächen-Lage-Modell | Niedersachsen |
|
Damit die Berechnung der Grundsteuer aktuell bleibt, sollen Grundstücke von nun an alle 7 Jahre neu bewertet werden.
Sollte eine Immobilie abgerissen, umgebaut oder neu gebaut werden, kann das Finanzamt den Grundsteuerwert auch innerhalb der 7-Jahres-Frist neu feststellen.
Eigentümer aufgepasst
An der Bewertung der Grundstücke müssen Sie als Eigentümer mitwirken.
Hierzu wird Ihnen das Finanzamt zunächst einen Grundsteuer Festellungsbescheid zusenden.
Was steht im Feststellungsbescheid?
Der Festlegungsbescheid vom Finanzamt enthält Informationen, die für die Berechnung der Grundsteuer notwendig sind.
Das sind folgende Punkte:
- der ermittelte Grundsteuerwert (vorher Einheitswert)
- die Steuermesszahl
- die Höhe des Grundsteuermessbetrags
- die Grundstücksart
- die Vermögensart
- die Zurechnung der wirtschaftlichen Einheit
- bei mehreren Beteiligten: Die Höhe der jeweiligen Anteile
Lesen Sie die Informationen aufmerksam durch.
Sollten Sie einen Fehler entdecken, reagieren Sie schnell!
Sie können innerhalb einer bestimmten Frist Einspruch erheben und Änderungen beantragen.
Nachdem Sie den Feststellungsbescheid erhalten haben, können Sie Ihre Grundsteuererklärung ausfüllen.
Was muss ich in der Grundsteuererklärung angeben?
In der sogenannten “Erklärung zur Feststellung der Grundsteuer” müssen Eigentümer Angaben zu ihrer Immobilie, bzw. ihrem Grundstück machen.
Aufforderung abwarten
Sie als Grundstückseigentümer müssen nicht sofort zum 1. Januar 2022 aktiv werden. Voraussichtlich Ende März 2022 wird eine öffentliche Bekanntmachung erfolgen mit einer Aufforderung zur Abgabe der Grundsteuererklärung.
Bei Ihren Angaben muss es sich um die aktuellen Werte zum Stichtag 1. Januar 2022 handeln.
Die Grundsteuererklärung können Sie diese über die Steuer-Onlineplattform ELSTER oder mit einer geeigneten Steuersoftware einreichen.
Die Abgabefrist ist der 31. Oktober 2022.
Woher bekomme ich die Daten für die neue Grundsteuer?
Hier bekommen Sie die notwendigen Informationen für das Finanzamt:
- Grundstücksfläche: Die Grundstücksfläche finden Sie in Ihrem Kaufvertrag, den Bauplänen oder der Versicherungspolice. Sollten Sie nichts davon zur Hand haben, können Sie die Grundstücksgröße auch im Grundbuch beim Grundbuchamt Ihrer Gemeinde herausfinden.
- Bodenrichtwert: Den Bodenrichtwert können Sie in den meisten Bundesländern online über das Bodenrichtwertsystem BORIS erfahren. In Baden-Württemberg, Bayern und dem Saarland sind leider keine Daten verfügbar. Diese müssen Sie beim Gutachterausschuss Ihres Landkreises anfordern. Diese Auskunft ist allerdings kostenpflichtig.
- Gebäudeart: Das Bundesmodell unterscheidet hier zwischen unbebauten Grundstücken, Ein- und Zweifamilienhäusern, Mietwohngrundstücken, Eigentumswohnungen, Geschäftsgrundstücken, gemischt genutzten Grundstücken, Teileigentum und sonstigen bebauten Grundstücken.
- Wohnfläche: Die Wohnfläche finden Sie ebenfalls im Kaufvertrag, den Bauplänen oder Ihrer Versicherungspolice. Achten Sie unbedingt auf die Aktualität Ihrer Daten. Alternativ können Sie auch selbst eine Wohnflächenberechnung durchführen oder einen Fachmann beauftragen.
Wie lange habe ich Zeit für die Abgabe der Grundsteuererklärung?
Das Finanzamt wird Sie zur Abgabe der Erklärung auffordern. Vorher müssen Sie nichts tun. Die Frist zur Abgabe beträgt mindestens einen Monat.
Wer ist zur Abgabe der Grundsteuererklärung verpflichtet?
Sie sind zur Abgabe der Grundsteuererklärung verpflichtet, wenn Sie bis zum 01.01.2022:
- Grundstückseigentümer
- Eigentümer eines Land- oder Forstwirtschaftsbetriebes
- oder Eigentümer einer Eigentumswohnung sind.
In einigen Fällen ist die Lage nicht ganz so eindeutig. Gibt es mehrere Beteiligte, müssen diese die Erklärung gemeinsam abgeben.
Das ist zum Beispiel der Fall bei:
- Erbbaugrundstücken: Erbberechtigte und Grundstückseigentümer
- Immobilien auf fremden Grundstücken: Eigentümer des Grundstückes und Gebäudeeigentümer
Was passiert mit der Grundsteuermesszahl?
Nachdem fast 60 Jahre lang keine Bewertung der Grundstücke für die Grundsteuer mehr vorgenommen wurde, kann man sich einer Sache sicher sein:
Die Bewertungen der Grundstücke wird massiv steigen.
Das würde gleichzeitig einen drastischen Anstieg der Grundsteuer nach sich ziehen.
Um das zu verhindern, wird auch die Grundsteuermesszahl angepasst.
Anpassung der Steuermesszahl
Die Steuermesszahl wird ab dem 1. Januar 2025 nur noch ein Zehntel des bisherigen Wertes betragen.
Das bedeutet:
- Für Wohngrundstücke: 0,031 Prozent
- Für Nichtwohnrundstücksarten: 0,035 Prozent
Förderung von sozialem Wohnungsbau
Auch der soziale Wohnungsbau soll von einer Senkung der Steuermesszahl profitieren: Bei den besagten Gebäuden wird die Steuermesszahl um weitere 25 Prozent reduziert.
Entlastet werden auch Eigentümer von Baudenkmälern: Die Steuermesszahl wird hier um weitere 10 Prozent verringert.
Achtung: Sonderregelungen
Beachten Sie mögliche Sonderregelungen der einzelnen Bundesländer
Ein weiterer Hebel zur “Normalisierung” der Grundsteuer ist die Anpassung des Hebesatzes.
Inwiefern wird der Hebesatz angepasst?
Die Hebesätze werden nach wie vor durch die Gemeinden festgelegt.
Nichts desto trotz sind diese dazu aufgerufen die Sätze so anzupassen, dass die Grundsteuerreform für die Eigentümer “möglichst aufkommensneutral ist.”
Was ist die neue Grundsteuer C?
Zwischen 1961 und 1962 wurde sie in Deutschland schon einmal erhoben: Die Grundsteuer C.
Diese sollte unter anderem zur Schließung von Baulücken dienen und Bodenspekulationen verhindern. Nun steht sie vor einem Comeback.
Auch heute haben viele Kommunen ein ähnliches Problem: Es gibt zwar baureife Grundstücke, diese werden allerdings nicht bebaut.
Woran liegt das?
Viele Eigentümer spekulieren auf einen starken Wertanstieg Ihres Grundstücks. Sie wollen die Flächen zu einem späteren Zeitpunkt mit höherem Gewinn verkaufen.
Um die Spekulation von Grundstücken unattraktiver zu machen, können Gemeinden ab 2025 baureife, unbebaute Grundstücke höher besteuern.
Dank der Grundsteuer C.
Auch hier kann jedes Bundesland frei entscheiden, ob die Grundsteuer C erhoben werden soll oder nicht.
Diese Länder erlauben eine Grundsteuer C:
- Baden-Württemberg
- Hamburg
- Hessen
- Niedersachsen
Wird die Grundsteuer jetzt erhöht?
Durch die starken Bewegungen im Immobilienmarkt soll die Grundsteuerreform in erster Linie dazu dienen, die Steuerlast gerechter auf die Regionen aufzuteilen.
Da es sich jedoch gleichzeitig um die größte Einnahmequelle der Gemeinden handelt, wird sie im Durchschnitt auch nicht geringer ausfallen.
Region ist entscheidend
Die logische Konsequenz ist: Während die Grundsteuer in einer Region günstiger wird, erhöht sie sich an anderer Stelle.
Die Höhe hängt vor allem von dem neu errechnetet Wert des Grundstücks oder der Immobilie ab.
Hier spielen die individuellen Berechnungsmodelle der einzelnen Bundesländer eine wichtige Rolle.
Bundesländer wie Hamburg, Hessen und Niedersachsen haben entschieden, die Lage in die Bewertung mit einzubeziehen.
Das kann vor allem in Gebieten mit hoher Nachfrage zu einem Anstieg der Grundsteuer führen.
Für Besitzer unbebauter Grundstücke kann es ebenfalls teurer werden: Die Grundsteuer C darf für diese Flächen mit einem erhöhten Hebesatz versehen werden.
Wir halten fest:
Teurer wird es für:
- Immobilieneigentümer in Großstädten
- Eigentümer von unbebauten Grundstücken
Günstiger wird es für:
- Eigenheimbesitzer in strukturschwachen Gebieten
- Eigentümer von Mehrfamilienhäusern